Vereinschronik

Chronik des SV Rot-Weiß-Hütte 1932

Der Stadtteil Troisdorf Friedrich-Wilhelms-Hütte, welcher 1932 noch zum Amt Menden gehörte, deshalb auch „Menden-Nord“ genannt wurde, kannte vor der Be­siedlung durch die Mannstaedt-Werke (MW) keinen Verein mit sportlichem Hinter­grund. Erst mit dem Bau der Häuser für Werksangehörige ab 1912, mit Unter­brechung durch den Ersten Weltkrieg, nahm die Einwohnerzahl erheblich zu. Da­durch entstand auch ein buntes Vereinsleben.

Geordneter Fußball wurde zuerst im werkseigenen Sportverein gespielt, der sich 1923 mit dem Spielverein Troisdorf 05 zusammenschloss. In den 20er Jahren wurde dann ein Sportverein im Verband D. J.K. (Deutsche Jugendkraft), welcher aus der katholischen Bewegung kam, gegründet. Da die Spielmöglichkeiten in diesem Ver­band begrenzt waren, war der Wunsch verständlich, einen Sportverein im West­deutschen Spiel-Verband (W.S.V. heute WFLV) zu gründen. Am Sonntag, dem 3. Januar 1932, trafen sich 22 Sportkameraden zur Vereinsgründung im Lokal Wilhelm Kutting, das auch Vereinslokal wurde. Auf der ersten Jahreshauptversamm­lung am 08.01.1932 wurde dann nachstehender Vorstand gewählt:

l Vorsitzender: Leo Dimmer

l Spielobmann: Otto Schulz

l 1. Kassierer: Heinrich Herf

l 2. Kassierer: C. Krämer

l 1. Geschäftsführer: Wilhelm Kutting

l Jugendobmann: Johann Baum

Als Vereinsfarben wurde „Rot-Weiß“ vorgeschlagen und der Verein „Sportverein 1932 Friedrich-Wilhelms-Hütte“ benannt. Trotz wirtschaftlich und politisch schwerer Jahre nahm der Verein einen stürmischen Aufschwung. Die Änderung in der politischen Landschaft 1933 wirkte sich auch auf das Vereinsgeschehen aus. So ist im Protokollbuch eine „Gleichschaltungs-Versammlung“ am 09.06.1933 vermerkt. Gleichschaltung ist ein Begriff, welcher der nationalsozialistischen Terminologie ent­stammt. Das Wort entstand 1933, als der Prozess der Vereinheitlichung des ge­samten gesellschaftlichen und politischen Lebens – also des öffentlichen und privaten Lebens – in der Machteroberungsphase in Deutschland eingeleitet wurde. Danach wurden Versammlungen im Verein nicht mehr mit einem sportlichen Gruß, sondern mit NSDAP-Parolen geschlossen.

Weitere Änderung dieser Zeit war eine Einigungssitzung, auf der sich der D.J.K. Verein mit dem Sportverein Rot-Weiß zusammenschloss. Der D.J.K. wurde verboten, deren Reichsführer am 2. Juli 1934 sogar von der Gestapo erschossen. Nach glanz­vollem Beginn von RWH ab 1932 mit sportlichen wie auch gesellschaftlichen Erfol­gen kam ab 1933 nicht nur RWH durch das brutale Eingreifen der Politik mit seinen bekannten grausamen Folgen in Schwierigkeiten. Anfangs noch demokratisch ge­wählte Vorstände hatten nun keine Entscheidungsfreiheit mehr. Vorrangig war je­doch das sportliche Geschehen im Verein. Im Gründungsjahr 1932 spielte die erste Mannschaft in der dritten Kreisklasse, 1934 wird der Aufstieg in die zweite Kreis­klasse geschafft und 1938 erfolgte sogar der Aufstieg in die erste Kreisklasse. Besonderer Wert wurde zu dieser Zeit jedoch auf die sportliche Arbeit gelegt. Der Verein hatte vier Jugend- und Schülermannschaften, drei Seniorenmannschaften und sogar eine Damen-Handballmannschaft. In der Spielzeit 1937/38 errang die A‑Jugend die Kreismeisterschaft, damals auch Bannmeister genannt. Der Verein zählte zu dieser Zeit 200 Mitglieder bei etwa 1.600 Einwohnern auf der Hütte. 1939 brach der Krieg aus und auch der Sportverein Rot-Weiß blieb nicht verschont. Der Spielbetrieb konnte in den ersten Jahren mit Verstärkung von Spielern der Sol­dateneinheiten aufrecht erhalten bleiben, beschränkte sich jedoch später nur noch auf Jugendspiele. Von den aktiven Spielern kamen 40 Sportkameraden nach Ende des Krieges nicht mehr in die Heimat zurück, fast die komplette erste Mannschaft.

Ein neuer Anfang wurde dann 1945 gemacht. Am 20. Oktober 1945 trafen sich die Mitglieder des Vereins unter Leitung von Peter Eimermacher und wählten einen neuen Vorstand. Aus diesem Vorstand seien die Namen genannt, die in dieser schwierigen Zeit den Verein wieder zu Erfolgen führen sollten: Karl Boch, Hermann Hieker, Christian Hardtke, Hans Rogall, Josef Assenmacher und Otto Bremer.

Durch den Verlust blieb es nicht aus, dass man in die zweite Kreisklasse abstieg. Ein kurzer Aufstieg in die erste Kreisklasse und der anschließende langjährige Verbleib in der zweiten Kreisklasse waren die Folge.

Den Namen eines Pokalschrecks macht sich der Verein, indem er in den 50er Jahren versuchte, den damaligen Landesligisten Siegburg 04 bzw. Troisdorf 05 ein Bein zu stellen, was jedoch ehrenvoll misslang. Danach folge der Abstieg in die dritte Kreis­klasse, weil die Spieler – bedingt durch den Aderlass Krieg – im Seniorenbereich fehlten. Erst 1970, die nächste Generation war herangewachsen, konnte – vor­bereitet durch hervorragende Jugendarbeit – die erste Mannschaft wieder in die zweite Kreisklasse aufsteigen.

Es war nicht einfach, denn durch die kommunale Neugliederung 1969, man gehörte jetzt zur Stadt Troisdorf, und die Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmer wurde die Konkurrenz groß. Die Vereinsdichte in der Stadt Troisdorf und die Entstehung neuer Vereine mit eigener Nationalität führten zu starker Fluktuation. Dies änderte sich in den 90er Jahren, als eine Vermischung stattfand und die eingesessenen Vereine zu Multikultis wurden. Auch RWH profitierte letztlich davon, war doch der Ausländer­anteil – bedingt durch die Arbeitnehmerschaft  bei den MW – höher als anderswo.

Also ging es aufwärts. Der Aufstieg in die Kreisliga A wurde 1994 erreicht, 1997 sogar in die Bezirksliga. Nach dem Abstieg aus dieser im Jahr 1998 und einem kurzen Ausrutscher in die Kreisliga B, stieg man 2008 wieder in die Kreisliga A auf bevor man 2016 erneut wieder den Sprung in die Bezirksliga schaffte aus welcher man sich dann 2019 leider wieder verabschieden musste und seitdem in der Kreisliga A spielt.

Im Jugendbereich kann man fast den gleichen Verlauf beobachten wie bei den Senioren. So spielten vor dem Krieg die Jugendmannschaften mit großem Erfolg bei den Kreismeisterschaften, sogar um die Bezirksmeisterschaft gegen den VfL Köln wurde gespielt. Auch hier machte der Krieg einen drastischen Schnitt. Danach bescherten leidenschaftliche Jugendleiter mit einem Tross von Betreuern dem RWH wieder eine hervorragende Arbeit im Jugendbereich. So sorgte man auch für den Nachwuchs im Seniorenbereich. Es wurden Gruppenmeister, Stadtmeister und Aufstieg der A-Jugend in die Sondergruppe geschafft.

Welcher Verein aus der Region, außer vielleicht Siegburg und Mondorf, kann schon von sich behaupten, dass ein zukünftiger Bundesliga-Spieler in seiner Jugend das Fußballhandwerk erlernte. Es war Jean-Pierre de Keyser, der von RWH über TSC Euskirchen und Siegburg 04 1983 nach Bayer 04 Leverkusen kam und dort 1986 bis 1990 in 81 Spielen als Profi zum Einsatz kam. Sein größter Erfolg war der Gewinn des UEFA-Pokals 1988.

Die Arbeit blieb auch dem Fußball-Verband Mittelrhein nicht verborgen. So erhielt die Jugendabteilung des RWH 1981 die Urkunde der Sepp-Herberger-Stiftung für beste Jugendarbeit im Rhein-Sieg-Kreis. Es folgten viele weitere Auszeichnungen, wie den Ehrenamtspreis von Bayer Leverkusen im Jahr 2013, die Auszeichnung durch den DFB im Jahre 2017 für vorbildliche Integrationsarbeit und nicht zuletzt seit 2019 ist man anerkannter Stützpunkt des DOSB für Integration.

Auch dem Breiten- und Freizeitsport hat sich RWH nie verschlossen. So spielte in den 30er Jahren eine Damenhandballmannschaft. Eine Frauenfußballmannschaft (damals fragwürdig) versuchte sich in den 70er Jahren, richtete aber nur Freund­schaftsspiele aus. Angeschlossen hatte sich auch eine so genannte Thekenmann­schaft, bestehend aus Gästen des Vereinslokals. Der Versuch, eine Tischtennisab­teilung aufzubauen, scheiterte mangels Heute nimmt eine gut organisierte Damen­fußballmannschaft mit steigendem Erfolg an den Meisterschaftsspielen im Rhein-Sieg-Kreis teil.

Nach dem Bau eines Lehrschwimmbeckens kam eine Gruppe Frauen zu RWH, die sich wöchentlich zum gemütlichen Schwimmsport traf. Eine Volleyballabteilung ist seit langem dabei und auch heute noch aktiv. Als dritte Abteilung neben Jugend und Senioren soll hier die Alte Herren Abteilung (AH) nicht unerwähnt bleiben. Schon 1952 gründeten ehemalige Spieler der Seniorenabteilung die AH-Abteilung. Man schaffte ein festes Spielprogramm und richtete auch über die Grenzen des Sieg­kreises Freundschaftsspiele aus, was den Namen RWH weiter bekannt machte.

Höhepunkt war wohl ein Freundschaftsspiel gegen die Altinternationalen von Borussia Dortmund im Rahmen der Feierlichkeiten zum 50. Vereinsjubiläum. (Man erinnert sich: Spielabbruch in der zweiten Halbzeit wegen eines orkanartigen Sturms.)

Bis heute wird gespielt, Geselligkeit gepflegt und werden Ausflüge durchgeführt. Vor allem sind immer wieder Mitglieder der AH im Vorstand oder der Jugendabteilung tätig.

Auch im Bereich des Vorstands war der Neuanfang beschwerlich und es sollte unter den genannten Umständen eine Weile dauern, bis Normalität eintrat. Die Menschen hatten nach dem Krieg andere Sorgen. Erst Anfang der 50er Jahre gab es Kontinuität, das heißt, die geschäftsführenden Vorstände blieben länger im Amt. Vorsitzende mit einer Amtszeit von mehreren Wahlperioden waren keine Seltenheit. Immer wieder wurden jüngere Mitglieder an die Vorstandsarbeit herangeführt oder auch Zugezogene in die Vereinsarbeit eingebunden. Der ehrenamtliche Einsatz in allen Bereich des Vereins sowie der soziale Aspekt war und ist enorm. Dies erkannten auch die jeweils zuständigen Kommunen. War es doch besser, den Ver­einen geeignete Sportstätten für ihre Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen, als später gefährdete Jugendliche in teuren sozialen Netzen aufzufangen. So baute die Gemeinde Menden Ende der 60er Jahre den allseits beliebten „Rasenplatz“ mit Trampelpfaden, Schaf- und Ziegengrasung sowie Toren mit Holzpfosten, gebogenen Profileisen der MW und Maschendrahtbespannung, in einen für damalige Verhält­nisse modernen Aschenplatz mit Trainingsbeleuchtung um.

Umkleiden und duschen konnte man sich nun in der neu errichteten Turnhalle bei der Grundschule. Weiter ging es in den 70ern. Mittlerweile gehörten wir zur Stadt Trois­dorf, die mit dem Bau eines Sportjugendheims und einem weiteren Neubau des Sportplatzes mit Sprenkleranlage, dem Verein eine optimale Voraussetzung für den Sportbetrieb zur Verfügung stellte. Im Frühjahr 2009 rollten erneut die Bagger an. Die Stadt Troisdorf hatte ein Paket geschnürt, in dem alle städtischen Sportplätze in Kunstrasenplätze umgewandelt werden sollen. Innerhalb von drei Monaten wurde die Sportanlage von RWH ein Schmuckstück. Wie der Umbau eines Sportplatzes machte auch die Vereinsführung die Neuerungen der Zeit mit, wenn sie denn dem, Verein Nutzen brachten. So wurde der Verein gemeinnützig und im Vereinsregister unter dem Namen „Sportverein Rot-Weiß-Hütte 1932 e.V.“ geführt. Bankeinzug ersetzte die Hauskassierung der Beiträge und die Kassenverwaltung fand nicht mehr in der Zigarrenkiste im Küchenschrank statt.

Politik bleibt im Verein außen vor, außer man bediente sich ihrer. Brachte doch der Ort immer wieder gute und hochrangige Politiker hervor – eben Hüttener. Auch die Geschäftswelt – Sponsoren – sei hier erwähnt. Seit Bestehen des Vereins waren immer Geschäftsleute, Unternehmen oder auch Privatpersonen bereit, den Verein zu unterstützen. Egal in welcher Form, ob Geld- oder Sachspenden, auch das Einbringen als persönliche Leistung wurde gern gesehen. Jedoch begab sich der Verein dadurch nie in eine Abhängigkeit.

So leistet auch der heutige Vorstand mit all seiner Erfahrung und viel Engagement in seinen Abteilungen hervorragende Arbeit. Der Verein ist in allen Bereichen hervor­ragend aufgestellt und bietet vielen Sportinteressierten eine Heimat. Wie kaum ein anderer Verein bringt er Neubürger und alte Hüttener zusammen.

RWH – klein aber fein, das ist mein Verein !!!